Projekt Normalgewicht – von 175kg auf 80kg in 4 Jahren von Elmar Große Winkelsett

Elmar mit 175 Kilo!

Michael Klotzbier war mit seiner Geschichte und seinen Veröffentlichungen auf SPON neben Felix Klemme mit seinem Format „extrem schwer“ und Tetje Mierendorf mit seiner Erfolgsgeschichte einer meiner Mentoren und Motivatoren aus der Ferne. Nun komme ich seinem Wunsch gerne nach und möchte Euch hier auf seinem Blog meine eigene Geschichte kurz erzählen:

Mai 2013 – 175kg

Im April 2013 wurde ich 28 Jahre alt. Ich brauchte einen neuen Anzug für die erste Hochzeit im Freundeskreis. Ich zog los, fuhr ins benachbarte Köln und ging – wie ich es nach 12 Jahren unbeschwerter Fettleibigkeit gewohnt war – in ein Geschäft für Übergrößen. Dort hatte ich 9 Jahre zuvor schon den Anzug für meinen Abiball gekauft. Es ist ein schönes Geschäft, die Auswahl ist groß und der Service stimmt. Der Verkäufer begrüßte mich freundlich, fuhr mit mir im Aufzug in das erste Obergeschoß und gab mir auf Anhieb einen dunklen Anzug der Eigenmarke der perfekt saß. Ich war beeindruckt. Nur die Ärmel des Sakkos und die Beine der Hose mussten etwas gekürzt werden. Das wurde in der hauseigenen Änderungsschneiderei erledigt und mir der Anzug ein paar Tage später direkt ins Büro geliefert.

Am 18.05.2013 war es dann soweit ich zog meinen neuen Anzug an. Auch das weiße Hemd und die blaue Krawatte saßen perfekt. Ich fühlte mich wie Bond – James Bond. Es war eine schöne Hochzeit die mich sehr berührte. Die Stimmung war gut, das Wetter war schön – Gott sei Dank nicht so heiß – und wir feierten bis zum frühen Morgen.

Einige Tage später sah ich die Fotos der Hochzeit. Ich schämte mich. Nie zuvor waren mir meine eigenen Ausmaße so bewusst wie nach Betrachtung der Bilder. Ich sah einen gigantischen, elefantenartigen Menschen in einem riesigen Anzug der mich schwitzig mit roten Pausbacken anlächelte. Die Bilder setzten in mir Scham und Zweifel frei. Ich begann nachzudenken und schwor mir, dass ich mit 35 Jahren, also bis zum April 2020, normalgewichtig sein werde. Dies war mein erster „Klick“-Moment. So begann mein Projekt Normalgewicht bis April 2020 im Mai 2013.

Ich musste in Bewegung kommen. Als erste Maßnahme kaufte ich mir im Juni 2013, keinen Monat nach der Hochzeit, einen Hund. Aus dem Tierschutz. Vier Jahre alt, stubenrein, kniehoch, ruhig, dankbar. Ein Hund, der Bewegung freudig annimmt, im Zweifel aber auch nicht übermäßig einfordert. Damit hatte ich mir einen Grund geschaffen mich zu bewegen. Ich musste mich fortan bewegen, dem Hund gerecht werden und ihm zweimal am Tag die Gelegenheit geben sich zu erleichtern. Als zweite Maßnahme fing ich an gesüßte Getränke zu streichen und den Kaffee ohne Milch und Zucker zu genießen.

Dennoch geschah lange Zeit fast nichts. Die Runden mit dem Hund machten mich etwas fitter und ließen mich etwas ausgeglichener werden, mehr nicht.

Juli 2014 – 165kg

Ich musste weitere ungesunde Gewohnheiten abschaffen und gute Gewohnheiten aufbauen. Ich stellte meine Ernährung um. Aus Pommes als Beilage wurden Kartoffeln, später Salat. Aus Nachtisch wurde doppelter Espresso. Ich begann mich mit meiner Ernährung auseinander zu setzen und fing an mich bewusster zu ernähren. Ich meldete mich im Fitnesscenter an. Trotzdem ging mein Gewicht nach wie vor nur sehr schleppend runter. Ich war streckenweise frustriert, ließ aber nicht locker.

Januar 2016 – 150kg

Die ersten 25 Kilogramm waren geschafft. Aus meinem Umfeld kamen erste aufmunternde Fragen, ob ich denn etwa abgenommen habe. Beflügelt hiervon begann ich meine Bewegung auszubauen. Die Hunderunden wurden länger und länger. Das Auto wurde immer weiter weg von meinen Zielen geparkt. Ich begann Aufzüge und Rolltreppen zu meiden. Ich kaufte mir ein Fahrrad.

Juli 2016 – 140kg

Ein Road Trip mit Freunden durch die USA im Juli 2014. Ich erlebte einen unbeschwerten Urlaub mit Freunden, lernte eine neue Kultur kennen und durfte Natur und Landschaften der Westküste kennenlernen. Ich bezwang den Angels Landing Trail im Zion Nationalpark. Dies war mein zweiter „Klick“-Moment. Ich wusste, dass mein Weg der richtige war und die Richtung stimmte.

Im September 2016 joggte ich zum ersten Mal in meinem erwachsenen Leben. Montagmorgen, 3.30 Uhr, damit mich keiner sieht. Rund 125kg schwer war es eine Qual. Die Runde wird keine vier Kilometer lang gewesen sein und war unterbrochen mit vielen Gehpausen.

Januar 2017 – 115kg

Ich fragte meinen Papa, der jeden Samstag- und Sonntagmorgen joggte, ob er mich mitnehmen würde. Er tat es und ich begann nach und nach regelmäßig zu Joggen. Danke Papa.

Mai 2017 – 100kg

Urlaub auf Mallorca. Sichtlich erschlankt traute ich mich das erste Mal mit freiem Oberkörper in den Pool, wenn auch nur vor meinen Freunden im Garten der von uns angemieteten Finca. Konsequent ging ich jeden Morgen des Urlaubs joggen. Noch im Urlaub bestellte ich mir meine erste Laufuhr.

Juli 2017 – 90kg

Die Joggingrunden wurden immer länger. Ich brauchte ein Ziel und meldete mich zum Marathon in Bonn im April 2018 an.

Dezember 2017 – 80kg – Normalgewicht

Ich hatte mein Ziel erreicht. Die Waage zeigte eines morgens 79,6kg. Es begann die heiße Phase des Vorbereitens auf den Marathon in Bonn. Unzählige Abende und Morgen an denen ich bei Dunkelheit, Nässe und Kälte gegen mich selber kämpfte und immer und immer längere Runden durch meine Heimatstadt und die Nachbarstädte lief.

April 2018 – 80kg – Normalgewicht

Ich trat beim Marathon in Bonn an. Ich schaffte ihn, schaffte es aber nicht in der von mir als Ziel ausgerufenen Zeit. Ich brauchte 4 Stunden und 19 Minuten.

Darüber hinaus habe ich in 2018 zwei Halbmarathone und diverse andere Läufe absolviert.

März 2019 – 82kg – Normalgewicht

Ich bereite mich auf den Marathon in Bonn vor. Hoffentlich schaffe ich diesen dann in unter vier Stunden, damit ich dieses Ziel abhaken kann.

Dies ist mein Weg, kurz dargestellt:

Als sechzehnjähriger war ich bei 165kg angekommen. Danach schwankte ich konstant zwischen 165 und 175kg. Ich kannte kein normalgewichtiges, erwachsenes Leben und konnte es mir auch nicht vorstellen. Ich war immer der Dicke, der Dickste. Ich war der Dickste in meiner Schule, der Dickste in meiner Uni, der Dickste in der Firma, der Dickste auf jeder Veranstaltung, der Dickste auf jeder Feier, … Ich war es gewohnt immer der Dickste zu sein und darüber habe ich mich auch definiert.

Dennoch war ich zufrieden. Ich war trotz meines schweren Übergewichts gesund und hatte keine gesundheitlichen Folgeerscheinungen zu ertragen. Auch mit meinem sozialen Umfeld, meiner Familie, meinem Aussehen und meinem Job war ich soweit zufrieden. Ich hatte mich gut in der Rolle des gemütlichen, lustigen und dauerhaft alleinlebenden dicken Singles eingelebt.

Dennoch war die Entscheidung normalgewichtig zu werden einer der besten Entscheidungen meines bisherigen Lebens. Ich bin heute zehnfach glücklicher als früher und dankbar für jeden Tag und jeden Moment den ich das Leben mit meiner Familie und meinen Lieben teilen darf. Ich bin frei und das war ich vorher nicht.

Jedem der in einer vergleichbaren Situation ist kann ich nur raten es anzugehen und den Arsch hochzukriegen. Es lohnt sich.

Elmar mit 80 Kilo als Läufer bei einer Laufveranstaltung!

Meine wichtigsten Tipps für eine erfolgreiche und nachhaltige Gewichtsreduktion:

  • Entscheidungen einmal treffen und dann ohne Ausnahmen ausführen. Beispielweise immer die Treppe nehmen, auf jedem Parkplatz den am weitesten vom Eingang entfernten Stellplatz wählen, in der Tiefgarage in das unterste Parkdeck fahren, im Parkhaus bis auf das oberste Parkdeck fahren, nie gesüßte Softdrinks trinken, immer Salat als Beilage wählen (geht auch bei McDonalds, Burger King und Co.), immer Espresso anstatt Nachtisch, bei langen Telefonaten Herumlaufen, usw. … Jede zu treffende Entscheidung kostet Energie und birgt das Risiko der Fehlentscheidung. Wenn bestimmte Entscheidungen für sich wiederholende Situationen bereits im vorhinein unumstößlich feststehen, dann spart man sich die Energie und schließt das Risiko für Fehlentscheidungen aus.
  • Gründe für Bewegung schaffen! Hund kaufen, verbindliche Verabredungen zum gemeinsamen Bewegen treffen, verbindliche Anmeldungen zu Sportveranstaltungen wie z.B. Volksläufe oder Wanderungen.
  • Ausgewogene und kalorienarme Ernährung. Verzicht auf Shakes, Drinks, Wundermittel, unnötige Nahrungsergänzungsmittel, „Superfood“ und andere oft teure, teilweise auch hochkalorische, und meistens nutzlose Produkte.
  • Keine Süßigkeiten, Chips, gesüßte Softdrinks, fettreiche Fertigprodukte und anderen hochkalorischen „Abfall“ zu Hause lagern. Wenn wirklich einmal Bedarf nach einem Eis besteht oder man Gästen Chips zum Bier servieren möchte, dann zur Tanke laufen und es dort portionsgerecht kaufen und bewusst genießen.
  • Immer kalorienarme Lebensmittel vorrätig haben! Frische Tomaten, Gurken, Paprika oder kalorienarmes Gemüse aus der Dose oder dem Tiefkühler. Ich esse bei konkretem Hunger auch gerne Sauerkraut, Rotkohl oder Schwarzwurzeln.
  • Viel trinken! Ich trinke viel Mineralwasser, Kaffee (überwiegend koffeinfrei), ungesüßten Tee und zu besonderen Anlässen oder im Restaurant Cola Light. Ja, ich kenne die Vor- und Nachteile von Light-Getränken, trinke sie aber trotzdem immer gerne und im Urlaub auch gerne in Mengen.
  • Kauft einen Fitnesstracker der eure tägliche Bewegung und die damit verbrauchten Kalorien misst und darstellt. Es motiviert zu mehr Bewegung und zeigt dabei, wieviel oder wenig man bei der Bewegung verbraucht hat.
Unser erstes persönliches Treffen in Köln im April 2019!


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